Ausgerechnet in den Herbstferien fällt binnen weniger Tage in der Kleinstadt Bad Bergzabern immer öfter und länger der Strom aus. Viele Kinder werden von Langeweile geplagt. Denn ohne Fernsehgeräte, Spielekonsolen, Mobiltelefone, Computer und sonstigen elektronischen Medienangeboten wird die tägliche Freizeitgestaltung zur Herausforderung. Die vier cleveren Kinderdetektive Ingo, Georg, Enzo und Lisa wissen sich hervorragend zu beschäftigen. Sie haben die Idee, den anderen Kindern gegen die Langeweile zu helfen. Hierfür gründen sie einen Leseclub, was sich als sehr hilfreich erweist. Als die Stromausfälle jedoch über mehrere Tage andauern und kein Ende in Sicht ist, werden die Kinderdetektive als IGEL-Team aktiv. Sie forschen nach, um das Geheimnis der Stromausfälle zu lüften. Ein tolles Abenteuer für Groß und Klein nimmt seinen Lauf.
1. Eine dunkle Nacht In den späten Abendstunden wehte draußen ein kühler, kräftiger Herbstwind. Drinnen in einem gemütlichen Zimmer verbreitete eine Nachttischlampe ein heimeliges Licht. Die elfjährige Lisa lag auf ihrem Bett, war voller Hingabe in ihr Buch vertieft und bekam von dem tosenden Wind draußen gar nichts mit. Sie las gerade eine Szene, in der zwei Mädchen bei strahlendem Sonnenschein über eine bunt blühende Blumenwiese ritten. Die Mädchen hielten an und legten sich ins warme duftende Gras. Dabei konnte Lisa den Duft der Blüten förmlich riechen, das Gras zwischen ihren Fingern fühlen und die Sonnenstrahlen regelrecht auf ihrer Haut spüren. Es war ein fantastisches und wohltuendes Gefühl. Doch plötzlich wurde es finster und mit der Idylle war es auf einen Schlag vorbei. »Oh nein, nicht schon wieder Stromausfall«, seufzte Lisa. Erst jetzt nahm sie das unheimliche Heulen des Windes wahr, der an ihrem Fensterladen rüttelte. Vorsichtig ertastete sie die batteriebetriebene Leselampe auf ihrem Nachttisch und schaltete sie ein. Das Zimmer war nun freundlich hell erleuchtet und sie las voller Freude weiter. Die Freude hielt jedoch nur kurz, weil es auf einmal an der Tür klopfte. »Lisa?«, hörte sie die Stimme ihres zwölfjährigen Bruders. »Schläfst du schon?« »Komm rein, Ingo!«, erlaubte Lisa ihm den Zutritt. »Natürlich bin ich wach. Ich lese noch.« Ingo kam ins Zimmer und schaute Lisa über seine Brille hinweg an, wobei er besonders schlau aussah. »Wir haben schon wieder einen Stromausfall in der ganzen Stadt. Der gestrige Ausfall hat ganze zwölf Stunden gedauert. Mal sehen, wie lange er heute dauern wird. Die stromlosen Phasen werden jeden Tag länger.« Lisa legte ihr Buch beiseite. »Ja, das war mir auch aufgefallen. Was wolltest du eigentlich? Brauchst du Batterien für deine Leselampe?« »Nein.« Ingo schüttelte den Kopf. »Ich habe genügend Batterien. Für den Notfall hätte ich auch noch die Solarlaternen. Mit Licht bin ich ausreichend versorgt. Ich wollte nur deine Meinung zum Stromausfall hören. Viele meiner Mitschüler drehen langsam durch. Sie hatten keinen Mobilfunkempfang mehr und wussten nicht, was sie treiben sollen.« »Ja, das ist echt übel«, meinte Lisa. »Seit vier Tagen haben wir andauernd diese mysteriösen Stromausfälle. Wie es scheint, konnten die Elektriker den Fehler bisher noch nicht finden. Wahrscheinlich ist es nur ein Kurzschluss in einer Leitung. Es ist zwar bedauerlich, aber für uns ist es kein Problem, weil wir unsere Leselampen und Solarleuchten haben. Sag deinen Mitschülern, sie sollen ein Buch lesen, dazu braucht man keinen Strom. Das habe ich meinen Mitschülern übrigens auch angeraten, weil sie die gleichen Probleme haben wie deine Klassenkameraden. Der Fehler im Stromnetz wird bestimmt bald gefunden sein.« Ingo nickte. »Vermutlich hast du recht. Vielleicht finden sie heute Nacht den Fehler und morgen ist das alles vorbei. Übrigens wurde ich gebeten, mich um die Sache zu kümmern, falls das nicht bald aufhören sollte.« Lisa lachte laut auf. »Du sollst die Stromleitungen in der ganzen Stadt überprüfen? Das ist echt witzig und ich wünsche dir viel Spaß dabei.« »Natürlich will ich nicht die Stromleitungen überprüfen«, reagierte Ingo ein wenig gekränkt. »Sie haben sich an mich als Detektiv gewandt, oder besser gesagt, an uns. Wir sollen in der Sache nachforschen.« »Das ist doch absurd, Ingo«, lehnte Lisa den Auftrag ab. »Um einen Fehler in einer Stromleitung zu finden, braucht man Elektriker und keine Detektive.« »Ja, es ist in der Tat so«, antwortete Ingo nachdenklich. »Offensichtlich sind meine Klassenkameraden verzweifelt und wissen nicht mehr, was sie ohne ihre Mobiltelefone, Spielkonsolen und Fernsehgeräte tun sollen. Ich werde eine Nacht darüber schlafen und mir überlegen, wie ich ihnen sonst noch weiterhelfen könnte.« »Ich werde mir auch Gedanken darüber machen«, versprach Lisa. »Übrigens habe ich ebenfalls einen Detektivauftrag bekommen.« »Was?« Ingos Augen wurden groß. »Was ist es?« »Meine Klassenkameradin Anna Maria Behrens fährt mit ihrem Bruder und ihren Eltern über die Ferien in die Schweiz. Offiziell soll ich ab und zu mal einen Rundgang durchs Haus machen, die Fische füttern, die Blumen gießen und nachsehen, ob alles in Ordnung ist«, erklärte Lisa grinsend. Ingo stutzte. »Offiziell? Was hat das zu bedeuten? Was sollst du dann inoffiziell machen?« »Anna Marias Eltern baten mich darum, nach dem Haus zu sehen. Anna Maria sagte, wenn ich schon mal dort sei, könnte ich gleich nachprüfen, was es mit den Stromausfällen auf sich hat. Das Haus liegt nämlich am Stadtrand und das Stromhaus ist genau gegenüber«, verkündete Lisa. »Das ist grandios! Hast du einen Schlüssel für das Haus bekommen?«, hakte Ingo erfreut nach. »Natürlich habe ich einen Schlüssel bekommen, Ingo. Dachtest du vielleicht, ich soll dort einbrechen?«, fragte Lisa kritisch. Ingo grinste breit. »Ja, natürlich hast du einen Schlüssel. Das ist eine tolle Sache, die für uns noch von großen Nutzen sein könnte, falls wir tatsächlich in der Sache ermitteln sollten. Ich werde gleich in mein Zimmer gehen und überlegen, wie wir vorgehen könnten. Wir reden morgen weiter. Gute Nacht!« Nachdem Ingo das Zimmer verlassen hatte, vertiefte sich Lisa wieder in ihr Buch. Doch nach wenigen Minuten hörte sie Stimmen aus Ingos Zimmer, das direkt nebenan lag. Sie nahm ihre Leselampe, schlich sich neugierig durch den dunklen Flur und klopfte leise an Ingos Tür. »Komm rein«, antwortete Ingo. Lisa öffnete die Tür. Der Raum war mit drei Solarlaternen hell erleuchtet. Verwundert sah sie sich im Zimmer um. »Du bist alleine? Ich habe aber doch jemanden sprechen hören?! Mit wem hast du gerade geredet?« »Mit mir«, meldete sich der Nachbarsjunge Enzo aus dem Funkgerät. »Wir haben uns über den Stromausfall unterhalten und darüber, was er bei euren Klassenkameraden angerichtet hat. In meiner Klasse sind ebenfalls einige Kinder, die verzweifelt sind, weil ihre Mobiltelefone und Computer nicht mehr funktionieren.« »Ja, es ist wirklich ein sehr großes Problem, wenn man keinen Strom mehr hat«, bemerkte Lisa. »Ohne Strom geht heutzutage nichts mehr.« »Wem sagst du das?«, seufzte Ingo. »Ich muss auch aufs Internet verzichten. Ich bin echt froh, dass wenigstens die Funkgeräte funktionieren, weil sie von Sendemasten unabhängig sind.« Plötzlich kam ein knackendes Geräusch aus dem Funkgerät. »Oh nein«, rief Ingo besorgt. »Hörst du mich noch, Enzo?« »Ja, natürlich. Warum sollte ich dich denn nicht mehr hören?«, antwortete Enzo ein wenig undeutlich. »Da war so ein komisches knackendes Geräusch und du klingst undeutlich. Ich befürchte, wir könnten die Verbindung verlieren«, sagte Ingo bedrückt. »Keine Angst, Leute. Das waren nur ein paar Erdnüsse«, beruhigte Enzo. »Das ist typisch Enzo. Du liegst im Bett und knabberst Erdnüsse«, amüsierte sich Lisa. »Aber wenn ich so lange wach bin, muss ich eine Kleinigkeit essen, sonst kann ich nicht einschlafen«, rechtfertigte sich Enzo. Der etwas mollige, schwarz gelockte Junge aus der Nachbarschaft, der die meiste Zeit bei den Geschwistern Seifert verbrachte, war für seinen gesegneten Appetit bekannt. Lisa und Ingo stutzten, als sie einmal Schritte im Flur hörten. »Oje. Ich befürchte, wir haben Mama und Papa aufgeweckt«, bangte Lisa. »Wir hätten leiser sein sollen.« Die Tür öffnete sich und ihr großer dreizehnjähriger Bruder Georg kam herein mit einer Taschenlampe in der Hand. »Was macht ihr hier? Ich hatte schon so schön geschlafen und ihr habt mich aufgeweckt. Was ist hier los? Macht ihr ein Laternenfest oder haben wir erneut einen Stromausfall?« »Entschuldige bitte, Georg. Wir wollten dich nicht aufwecken«, bedauerte Ingo schuldbewusst. »Wir hatten uns gerade über unsere Klassenkameraden unterhalten, die …« »Die durchdrehen, weil ihre Handys nicht mehr funktionieren?«, ergänzte Georg, dem das Problem ebenfalls aus seiner Schule bekannt war. »Ja, solche Kinder sind auch in meiner Klasse.« »Ich wurde gebeten, wir sollen uns als Detektive um die Sache kümmern«, erzählte Ingo weiter. »Was meinst du dazu, Georg?« »Wie bitte? Das ist doch Sache eines Elektrikers und kein Fall für Detektive«, sagte Georg kritisch. »Genau das, habe ich auch gesagt«, lachte Lisa.