Gerade haben die Kinderdetektive Ingo, Georg, Lisa und Enzo Sommerferien, da flattert ein mysteriöser Brief ins Haus. Es handelt sich um eine Einladung einer Dame. Sie schreibt, sie würde sich freuen, wenn die Kinder ihre Ferien mal wieder bei ihr verbringen würden und das Hausboot würde nur darauf warten, bis sie endlich wieder einziehen. Das Kuriose an der Sache ist, dass die Kinder die Dame gar nicht kennen. Diese mysteriöse Nachricht weckt die Neugierde der Kinder. Deshalb nehmen sie die Einladung an und machen sich auf den Weg zu ihrer Gastgeberin. Dort angekommen, erleben sie eine große Überraschung und nehmen sofort die detektivischen Ermittlungen auf.
1. Ein seltsamer Brief Die Sommerferien hatten angefangen und die Kinder verbrachten geruhsame Stunden. Georg, Enzo und Lisa lagen auf dem Rasen hinter dem Haus der Seiferts und genossen die wärmenden Sonnenstrahlen. »Zeit zum Entspannen!« Georg rekelte sich auf der Picknickdecke, wobei seine nackten Füße im Gras landeten. Er setzte sich auf und schaute an sich runter. »Die Decke dürfte ruhig länger sein.« »Du bist halt einfach zu groß«, neckte die elfjährige Lisa, womit sie recht hatte. Ihr Bruder war nur zwei Jahre älter als sie aber 1,76 groß. Lisa hingegen war nur 1,58 groß. Der zwölfjährige Enzo lachte. »Für Lisa ist die Decke so groß wie ein Tennisplatz, weil sie so klein und dünn ist.« »Ach wirklich, Enzo?«, lachte Lisa. »Du bist so massig, für dich ist die Picknickdecke nur ein Taschentuch.« Die drei Kinder lachten. Es war immer dasselbe mit den beiden, aber es beruhte auf Gegenseitigkeit. Enzo war ein wenig mollig und wurde von Lisa dafür oft geneckt. Weil Lisa kleiner und dünner war, wurde sie oft von Enzo geneckt. Enzo war Italiener und wohnte in der Nachbarschaft. Aber er verbrachte die meiste Zeit bei seinen Freunden, den drei Geschwistern der Seiferts, weil seine Eltern eine eigene Pizzeria betrieben und wenig Zeit hatten, sich um ihn zu kümmern. In den nächsten Minuten lauschten die drei Kinder auf das Vogelgezwitscher und das Summen der Bienen. Erst jetzt wurde Lisa ein rhythmisch klopfendes Klopfen bewusst. Sie schaute nach oben zum Schlafzimmerfenster ihres anderen Bruders. »Was macht Ingo eigentlich da oben schon die ganze Zeit? Baut er sein Zimmer um?« Georg zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, was er tut. Gestern ist ein Paket für ihn gekommen und er wollte mir nicht verraten, was drin ist. Vielleicht hängt das damit zusammen.« Nachdenklich kraulte sich Enzo sein schwarz gelocktes Haar. »Jetzt bin ich echt neugierig geworden. Was kann er da oben bloß anstellen und was könnte in dem Paket gewesen sein?« »Das Klopfen klingt so, als heftet er mit einem Heftklammerer etwas an die Wand«, fiel Lisa auf. »Eventuell hat er sich eine neue Weltkarte bestellt.« »Oder auch einfach nur ein Poster«, fügte Georg hinzu. Enzo schüttelte den Kopf. »Nein, Freunde. Dafür dauert es bereits viel zu lange. Er ist seit mindestens einer halben Stunde am Werkeln. Eine Weltkarte hätte er doch in fünf Minuten aufgehängt?! Es muss etwas Größeres sein.« Plötzlich erschien Ingo am Fenster, wobei seine Brille in der Sonne aufblitzte. »Ich bin fertig, Leute. Wollt ihr mal raufkommen und es euch ansehen?« Von der Neugier getrieben, rannten die drei Kinder ins Haus, eilten die Treppen hinauf und stürmten in Ingos Zimmer. »Ich bin echt baff«, rief Enzo begeistert, als er die grasgrüne Wand hinter dem Bett erblickte. »Wie hast du das so schnell gemacht?« »Das gibt Ärger«, befürchtete Georg. »Hast du Mama gefragt, ob du die weiße Wand grün streichen darfst? Ein solch intensiver Farbton lässt sich nur schwer überstreichen. Falls es Tapete ist, macht es eine Menge Arbeit, diese bei einer Renovierung abzureißen.« »Das ist doch egal, Georg. Es sieht einfach nur gigantisch aus«, schwärmte Lisa. »Es ist viel schöner als nur eine langweilig weiße Wand. Ist das eigentlich Farbe? Ich rieche gar nichts?!« »Nur mit der Ruhe, Leute«, beruhigte Ingo mit stolzem Gesichtsausdruck. »Das ist einfach nur eine gewöhnliche Rolle Papiertischdecke, die ich mit dem Hefter festgeklammert habe. Der Vorteil gegenüber Wandfarbe oder einer Tapete ist, dass man sie jederzeit ganz leicht wieder entfernen kann. Das kommt mir übrigens auch zugute, falls ich mich mal daran sattgesehen habe und eine andere Farbe möchte.« »Was? Das ist nur angeheftetes Papier?« Wie Georg und Enzo konnte es auch Lisa nicht glauben. Die drei Kinder untersuchten die Wand genau und stellten fest, dass Ingo die Wahrheit gesagt hatte. Er hatte einfach nur drei Bahnen Papiertischdecke waagerecht und untereinander an die Wand geheftet und es sah fabelhaft aus. Aus einem Meter Entfernung, sah es aus wie tapeziert oder gestrichen. »Das will ich auch in meinem Zimmer«, war Lisa erfreut. »Was kostet das?« Ingo holte eine grüne Papierrolle aus dem Kleiderschrank und überreichte sie Lisa. »Ich schenke sie dir. Die Rolle ist 1 Meter breit und war 50 Meter lang. Davon habe ich ungefähr nur 15 Meter verbraucht.« »Danke, Ingo. Aber die Farbe muss ja auch in mein Zimmer passen«, lehnte Lisa ab. »Ich werde mir eine rote Rolle holen. Was kostet die?« »Diese Rolle hat 20 Euro gekostet«, informierte Ingo. »Es ist nicht so teuer. Schließlich ist es nur eine Papiertischdecke.« »Klasse! Ich brauche eine blaue Rolle«, war Georg motiviert. »Damit will ich die Wand in meinem Zimmer färben. Meine hellen Flugzeugbilder sehen an einer kräftig blauen Wand bestimmt noch besser aus.« Ingo setzte sich an den Computer. »Kommt her und sucht euch eure Lieblingsfarbe aus. Wir bestellen sie gleich. Was ist mit dir, Enzo? Welche Farbe möchtest du?« »Keine«, antwortete Enzo grinsend. »Mein Zimmer ist gelb und die Wände hängen voller Poster von Superman, Spiderman und anderen Superhelden – da sieht man von der Wandfarbe sowieso fast nichts mehr.« Plötzlich klopfte es an der Tür und Frau Seifert kam mit einem Tablett ins Zimmer. »Fencheltee und Marmorkuchen. Meine Güte, was ist mit der Wand passiert?« »Vielen Dank. Sie sind die Beste, Frau Seifert«, freute sich Enzo. »Keine Sorge wegen der Wand. Ingo hat nur eine Papiertischdecke festgeheftet.« »Danke, Mama«, bedankten sich Lisa, Ingo und Georg wie aus einem Mund. Ingo entdeckte einen Brief auf dem Tablett, als die Mutter dieses auf der Kommode abstellte. »Was ist das denn?« »Der ist für dich. Der war bei der Post dabei«, teilte die Mutter mit und begutachtete die Wand. »Das sieht schön aus, Ingo«, lobte sie und verließ kurz danach den Raum. Georg, Lisa und Enzo schauten auf den Briefumschlag in Ingos Hand. »Oh«, rief Lisa erheitert. »Das ist ja von Hand geschrieben. Hast du etwa einen Liebesbrief bekommen?« »Unsinn«, antwortete Ingo entrüstet und öffnete hurtig den Brief. Er rückte seine Brille zurecht und machte ein sehr nachdenkliches Gesicht. »Hä? Wie bitte? Was ist das für ein merkwürdiger Brief?« »Was denn? Hat sie mit dir Schluss gemacht?«, führte Georg Lisas Scherz fort, obgleich er wohl wusste, dass Ingo keine Freundin hatte. Wie denn auch? Als zukünftiger Wissenschaftler hatte der Junge nur Interesse an Büchern, Wissenschaft, Technik und an seiner Pfadfindergruppe, die er wöchentlich besuchte. Ingo schüttelte energisch den Kopf. »Hört euch das mal an! Hallo lieber Ingo. Eure Cousine Isabell und ich, wir würden uns sehr freuen, wenn ihr eure Sommerferien wie jedes Jahr bei uns verbringen würdet. Bitte sag Enzo, Georg und Lisa Bescheid, dass wir euch erwarten. Natürlich dürft ihr wie immer auf dem Hausboot wohnen. Viele liebe Grüße auch an eure Eltern. Eure Tante Klara.« »Das ist Spitzenklasse!« Enzo war außer sich vor Freude. »Wir dürfen unsere Ferien auf einem Hausboot verbringen. Moment mal! Ich wusste gar nichts von eurer Tante Klara?! Ihr habt sie noch nie erwähnt.« Georg, Ingo und Lisa schauten Enzo ernst an. Georg holte tief Luft. »Wir haben keine Tante!«
2. Wer ist Tante Klara? Die Kinder schauten den Brief erstaunt an und suchten im Gedanken nach einer logischen Erklärung für diese mysteriöse Botschaft. »Sollten wir eine Tante haben, von der wir nichts wissen?«, warf Lisa ein. Georg schüttelte heftig den Kopf. »Das ist unmöglich. Sie schreibt doch, wir würden jedes Jahr unsere Sommerferien dort verbringen. Hier muss eine Verwechslung vorliegen.« »Um eine Verwechslung kann es sich keinesfalls handeln«, zweifelte Enzo an. »Schließlich hat sie uns alle namentlich erwähnt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, Nichten und Neffen zu haben, die in Bad Bergzabern wohnen und genauso heißen wie wir?« »Da gibt es nur eine logische Erklärung«, war Ingo sicher. »Die Dame ist offensichtlich verwirrt.« »Und was machen wir jetzt?«, interessierte sich Enzo. »Sollen wir ihr auf den Brief antworten? Auf dem Umschlag stehen ja die Adresse und ihr voller Name drauf. Es handelt sich um eine gewisse Klara Petersen aus Lindau am Bodensee.« Ingo setzte sich an seinen Schreibtisch und tippte rasend schnell in die Computertastatur, was sich wie prasselnder Regen anhörte. »Ich suche mal nach einer Telefonnummer und werde sie anrufen. Bingo! Hier ist sie.« Ingo notierte sich die Telefonnummer und erhob sich vom Stuhl. »Sollen wir nicht vorher Tee trinken und Kuchen essen?«, fragte Enzo mit gieriger Miene. »Der köstliche Fencheltee wird kalt. Das wäre schade.« »Das lässt mir jetzt keine Ruhe. Ich gehe schnell runter, telefoniere und bin in 5 Minuten zurück. Ihr könnt ja bereits anfangen.« Ingo eilte aus dem Zimmer und nach unten zum Telefon. Er wählte die Nummer und wartete. »Klara Petersen?«, meldete sich eine Frauenstimme. »Guten Tag, Frau Petersen«, grüßte Ingo höflich. »Hier spricht Ingo Seifert aus Bad Bergzabern. Sie haben mir einen Brief geschickt …« »Hallo, Ingo Schatz«, grüßte die Dame erfreut. »Lass doch den Unsinn, mich immer mit Sie anzusprechen. Das machst du jedes Mal, aber ich finde es nicht mehr lustig. Ich bin für dich Tante Klara und möchte von dir auch so genannt werden.« Ingo kniff die Lippen zusammen. »Genau hier liegt das Problem, Frau Petersen …« »Und?«, hörte er eine Mädchenstimme im Hintergrund. »Kommen sie uns besuchen?« »Wer war das?«, fragte Ingo perplex. »Wer soll das gewesen sein? Das war natürlich deine Cousine Isabell«, klärte Frau Petersen auf. »Sie freut sich sehr über euren Besuch.« »Ihr dürft wie immer auf dem Boot schlafen«, verkündete das Mädchen aufgeregt. Was ging denn hier nur vor? Litten die Kinder etwa unter Gedächtnisstörungen und konnten sich deshalb an ihre Tante und Cousine nicht mehr erinnern? Es war echt merkwürdig. »Wann werdet ihr denn kommen?«, informierte sich Frau Petersen. »Wir werden gleich morgen früh losfahren«, versicherte Ingo. »Bis morgen, ihr Lieben«, verabschiedete sich die Frau. Ingo kam nach nur 5 Minuten in sein Zimmer und endlich konnten sie sich den Tee und den Kuchen schmecken lassen. »Erzähl schon«, forderte Georg seinen Bruder auf, der sehr nachdenklich wirkte. »Hast du angerufen und hat sich jemand gemeldet?« »Ich schätze, wir werden die Einladung annehmen«, sagte Ingo monoton.
Redaktion
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt