IGEL-Team Band 1- Ferien auf dem Bauernhof
Ingo, Georg, Enzo und Lisa machen Ferien auf einem Bauernhof. Dort erregen Zettel vermisster Katzen ihre Aufmerksamkeit. Kurzerhand gründen sie das IGEL-Team und gehen als Detektive der Sache auf den Grund.


1. Ferienplanung
Enzo saß am Mittagstisch bei Familie Seifert und nahm sich noch ein Brötchen.
Enzo war ein italienischer Junge und wohnte ein paar Häuser nebenan in der Nachbarschaft. Er verbrachte die meiste Zeit bei den Seiferts, weil seine Eltern eine Pizzeria betrieben und daher wenig Zeit hatten, sich um ihn zu kümmern. Täglich nach der Schule und an den Wochenenden kam er zu seinen besten Freunden Lisa, Ingo und Georg und blieb immer bis nach dem Nachtessen. Er war ein lieber Junge, 12 Jahre alt, etwas mollig, und hatte schwarzes lockiges Haar.
Die 11-jährige Lisa beobachtete kritisch, wie er sich das Brötchen aus dem Korb fischte. »Es reicht, Enzo! Du hast genug."
»Ich muss doch etwas essen!«, jammerte Enzo im Spaß.
»Lasst doch Enzo in Ruhe!«, mahnte die Mutter, die gerade im hinteren Teil der Küche an der Anrichte stand.
Georg lachte. »Lisa hat doch nur Spaß gemacht, Mama.«
Georg war Lisas großer Bruder. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er war so groß für seine 13 Jahre, dass man ihn meist für einen 19-Jährigen hielt.
Die Mutter drehte sich den Kindern zu und putzte sich die Hände an der weißen Kittelschürze ab. »Wir fahren übrigens dieses Jahr in den Ferien nach Daisendorf.«
»Wirklich?«, war Lisa überrascht. »Was gibt es dort und wo ist das eigentlich?«
»Das ist am Bodensee und wir werden dort unsere Sommerferien auf einem Bauernhof verbringen«, sagte Frau Seifert feierlich.
Lisa dachte gleich an Tiere. »Toll! Das ist vielleicht eine Überraschung!«
Georg war ebenso begeistert: »Das klingt nach Spaß. Kann man dort auch reiten?«
»Ja, die haben einen Reiterhof«, erwiderte Frau Seifert.
»Hurra!«, rief Lisa. »Wir verbringen unsere Ferien auf einem Bauernhof!«
Die Mutter nickte zufrieden. »Daisendorf ist nur drei Kilometer vom Bodensee entfernt.«
Ingo, der wie so oft in seinem E-Book-Reader vertieft war, schaute auf und rückte seine Brille zurecht. »Ja, das kann ich bestätigen. Der Bodensee ist mit seinen 539 Quadratkilometern Oberfläche der größte See Deutschlands. Und er hat eine Tiefe von 252 Metern.«
Ingo war 12 Jahre alt und trug eine Brille, was ihn besonders intelligent aussehen ließ, was er zweifellos auch war. Denn neben dem Lernen für die Schule und den Abenteuerausflügen mit seiner Pfadfindergruppe zählte auch Lesen zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.
»Mama?«, fragte Georg. »Dürfen wir dann auch im See schwimmen?«
»Ja«, bestärkte Lisa. »Wir wollen im Bodensee baden gehen, wenn wir schon in der Nähe sind.«
Frau Seifert lächelte. »Natürlich, Kinder. Der See ist ja der Hauptgrund, warum wir dort unsere Ferien verbringen werden.«
Enzo lächelte, aber gleichzeitig konnte man in seiner Miene einen Schmerz erkennen. »Schön! Wunderschön! Ihr macht Ferien in der Nähe des Bodensees auf einem Bauernhof. Ich wünsche euch viel Spaß, auch wenn ich euch sehr vermissen werde. Um mir die Zeit zu vertreiben, kann ich ja meinen Eltern in der Pizzeria helfen.«
Weil die Pizzeria von Enzos Eltern sieben Tage die Woche geöffnet war, hatten die Vangelistas keine Zeit, um in Urlaub zu fahren. Enzo hatte dafür aber Verständnis und es machte ihm nichts aus, denn er wäre nur ungern ohne seine Freunde in Urlaub gefahren.
»Würdest du gerne mitfahren, Enzo?«, fragte Frau Seifert schmunzelnd.
Enzo schaute sie verdutzt an. »Bitte was? Damit macht man keine Späße, Frau Seifert.«
»Ich mache keine Späße«, versicherte die Mutter. »Deine Eltern kennen dich nur zu gut und wussten, dass du mitfahren möchtest. Sie wollten dich überraschen, und haben uns das Geld gegeben, damit wir für dich gleich mitbuchen können.«
»Hurra!«, schrien Georg, Lisa, Ingo und Enzo, wie aus einem Mund.
Enzo konnte sein Glück kaum fassen. Er sprang vom Stuhl auf und umarmte Frau Seifert stürmisch. »Ich danke Ihnen, Frau Seifert. Sie haben mir das Leben gerettet, denn ich hätte mich alleine in den Ferien zu Tode gelangweilt.«
Lisa erhob sich aus dem Stuhl. »Lasst uns keine Zeit verlieren und gleich packen! Auf was warten wir noch?«
»Mach keine Hektik, Lisa. Wir fahren erst am Samstag«, wies Frau Seifert hin. »Bis dahin sind es noch ein paar Tage.«
Ingo hob die Augenbrauen. »Das sind noch vier Tage?! Du hättest uns das ruhig später erzählen können, Mama. Jetzt müssen wir so lange warten.«
»Das ist doch schön?! Vorfreude ist die schönste Freude«, erwiderte die Mutter. »So habt ihr wenigstens genügend Zeit, euer Gepäck in Ruhe vorzubereiten.«
»Ja Ingo«, bestätigte Georg. »Vergiss nicht, dir noch genügend Bücher herunterzuladen! Es wäre ja nicht auszudenken, wenn du ohne Lesestoff dasitzen würdest.«
Lisa kicherte. »Und vergiss deinen Klapprechner nicht!«
Frau Seifert schüttelte den Kopf. »Hört auf, Ingo aufzuziehen!«
»Genau«, pflichtete Ingo bei. »Hört auf, euch über mich lustig zu machen. Es wäre nicht schlecht, wenn ihr auch mehr lesen würdet.«
»Warum lesen? Ich freue mich riesig auf die Pferde«, jauchzte Lisa.
»Gibt es dort auch Hühner, Schweine und Kühe?«, interessierte sich Enzo.
»Ja. Und Enten«, antwortete die Mutter. »Es ist eben ein Bauernhof.«
Georg freute sich ebenso: »Ingo, wir können dort reiten und im größten See Deutschlands baden gehen!«
»Das ist echt klasse«, sagte Ingo voller Vorfreude. »Ich will dann auch Kühe melken, das wollte ich immer mal versuchen.«


2. Aufbruch zum Bauernhof
Die nächsten vier Tage vergingen nur schleppend. Die Kinder saßen die ganze Zeit auf gepackten Koffern und konnten die Abreise kaum noch erwarten. Aber endlose vier Tage später war es endlich so weit. Am Samstagmorgen packten die Kinder ihre letzten Sachen zusammen, während Herr Seifert am Auto den Ölstand, den Reifendruck und das Kühlwasser prüfte und Frau Seifert den Proviantkorb für die Rast vorbereitete.
Wenige Augenblicke danach saßen sie alle im Auto. Der Vater fuhr, die Mutter saß vorne und Lisa und Enzo saßen in der Mittelbank. Ingo und Georg saßen auf der Rückbank des Wagens.
Lisa schaute aus dem Wagenfenster auf die vorbeiziehende Landschaft. »Wie lange werden wir bis Daisendorf unterwegs sein?«
»Drei Stunden etwa, mit Pause werden es ungefähr drei Stunden und vierzig Minuten«, antwortete Ingo oberschlau.
»Wie weit ist es?«, hakte Georg nach.
Ingo rückte seine Brille zurecht. »246 Kilometer. Das macht bei einer Fahrzeit von 3 Stunden und 40 Minuten einen Schnitt von 82 Kilometern in der Stunde, mit denen wir uns fortbewegen.«
»Ja, das kommt in etwa hin«, lobte der Vater. »Das hast du gut ausgerechnet.«
»Danke, Papa. Das ist aber nicht mein Verdienst«, gab Ingo bescheiden zu. »Ich habe das über einen Routenplaner im Internet berechnen lassen.«
Enzo schloss die Augen und lehnte sich bequem zurück. Georg tat es Lisa gleich und schaute aus dem Fenster. Ingo las in seinem E-Book-Reader. Er war gut auf die Ferien vorbereitet und hatte die Tage vor der Abreise mehr als genug Lesestoff heruntergeladen.
Die Landstraße führte durch einen Wald. Die Sonnenstrahlen ließen die Blätter der Baumkronen hellgrün leuchten. Durch die halb geöffneten Autofenster drang herrlich frische Luft ein. Die Zeit verging und die Kilometer schmolzen dahin.
Nach etwa einer Stunde krümmte sich Enzo mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Ich habe Hunger!«, jammerte er schrill.
»Das ist nichts Neues, denn du hast immer Hunger, Enzo«, fuhr Lisa ihn an.
Georg schmunzelte. »Wir machen aber noch keine Pause. Du musst leider noch eine halbe Stunde durchhalten, Enzo.«
Ingo zog einen Müsliriegel aus seinem olivfarbenen Rucksack und reichte ihn Enzo, ohne seinen Blick von seinem E-Book-Reader zu heben.
»Vielen Dank, Ingo«, freute sich Enzo, nahm den Riegel entgegen und biss gleich hinein.
»Keine Ursache, Enzo. Ich war nur vorbereitet, weil ich damit gerechnet hatte«, antwortete Ingo.
»Das ist keine Kunst, Ingo. Wir hatten alle damit gerechnet, dass Enzo eine Heißhungerattacke bekommt«, lachte Lisa.
Georg streckte sich aus und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Mama? Bekommen wir alle ein eigenes Zimmer?«
Lisa rief: »Ja, Mama! Ich will ein eigenes Zimmer!«
»Lisa bekommt ein eigenes Schlafzimmer und ihr Jungs schlaft zusammen in einem Doppelzimmer«, erklärte Frau Seifert.
Lisa rieb sich freudestrahlend die Hände und Georg schaute sie düster an.
»Ich muss mit den Kleinkindern zusammen in einem Zimmer schlafen?«, beschwerte er sich.
Unmittelbar bekam er Ingos Ellenbogen an seinem Oberarm zu spüren. »Das mit den Kleinkindern möchte ich überhört haben. Du bist zwar groß, aber du bist nur ein Jahr älter als Enzo und ich.«
»Aber, Georg«, meinte die Mutter. »Du bist ihr Beschützer und passt auf sie auf. Deshalb ist es mir lieber, wenn du mit Enzo und Ingo in einem Zimmer schläfst.«
Aus diesem Blickwinkel hatte Georg das gar nicht betrachtet? Ihm wurde die Verantwortung übergeben und das war zweifellos eine verantwortungsvolle Aufgabe. Damit war er sehr zufrieden. »Okay. Danke, Mama. Ich werde auf uns aufpassen«, erklärte er sich mit stolz geschwellter Brust einverstanden.
***
Als die Kinder eine Weile später immer unruhiger wurden und auf den Sitzen hin und her rutschten, fuhr der Vater den nächsten Rastplatz an. Lisa und die Mutter suchten erst einmal das Toilettenhäuschen auf. Anschließend legten sie eine weiße Tischdecke mit grünem Blumenmuster auf den wettergezeichneten Holztisch, der auf einer kleinen Wiese unter einem Schatten spendenden Baum stand.
Sie setzten sich auf die Holzbänke an den Tisch und die Mutter stellte jedem eine Plastikdose hin. In jeder Dose befanden sich eine Essiggurke, Oliven, Radieschen und ein doppeltes Stück Roggenbrot, das mit Salami und Käse belegt war. Zum Trinken bekam jeder einen kleinen Beutel Fruchtsaft.
Beim Essen beobachteten sie die auf der Autobahn vorbeirauschenden Fahrzeuge.
Als alle aufgegessen hatten, wurden die Kinder unruhig und konnten die Weiterfahrt gar nicht mehr erwarten. Lisa räumte die leeren Dosen in den Picknickkorb ein. Enzo warf die leeren Getränkebeutel in den Mülleimer, worauf er von Bienen über den Platz gejagt wurde.
»Helft mir, ich werde gestochen«, rief er und flüchtete sich ins Auto, worauf alle amüsiert lachten.
Georg nahm die Tischdecke vom Tisch und legte sie in den Korb. »Enzo sitzt schon im Auto«, wies er darauf hin, was jeder ohnehin gesehen hatte.
Georg schaute seine Eltern erwartungsvoll an. Diese saßen immer noch seelenruhig da, obwohl sie die Aufbruchsstimmung längst bemerkt hatten. Sie ließen sich auch nicht länger bitten und deshalb brachen sie auf und setzten die Fahrt in Richtung Meersburg am Bodensee fort.


3. Ankunft auf dem Bauernhof
Nach etwa 90 Minuten näherten sie sich dem Ort Meersburg und sahen den Bodensee.
Lisa kniete sich aufgeregt auf den Sitz und blickte aus dem Wagenfenster. »Schaut! Das ist der See!«
Ingo steckte sofort seinen E-Book-Reader in den Rucksack, kniete sich ebenfalls auf den Sitz und starrte voller Bewunderung auf den riesigen, silberfarbenen See. »Er sieht wunderschön aus.«
Georg drückte sich die Nase an der Autoscheibe platt. »Und wie er sich erst anfühlen muss, wenn wir darin baden gehen?!«
Wie zu erwarten, leckte sich Enzo die Lippen und gab hinzu: »Und wie viele verschiedene, leckere Fische wohl darin leben?«
»Du kannst auch immer nur ans Essen denken, Enzo!«, tadelte Lisa spaßig, worauf alle lachten.
»Ja, er denkt bestimmt ans Essen, weil er wieder Hunger hat«, vermutete Ingo.
»So ist es«, bestätigte Enzo. »Das ist inzwischen lange her, wo wir zuletzt gegessen hatten.«
Georg schaute auf seine Armbanduhr. »Lange? Das war vor gerade mal 90 Minuten.«
»Für mich ist das lange«, behauptete Enzo lachend.
Bald hatten sie die Stadt Meersburg durchfahren und die Mutter sah auf die Landkarte in ihren Händen. »Wir sind gleich da, Kinder. Daisendorf ist ein Nachbarort von Meersburg.«
Gespannt schauten die Kinder über die vorbeiziehenden Felder, Wiesen und Wälder, bis sie im Ort Daisendorf ankamen. Ein paar Häuser und eine Abbiegung weiter fuhren sie in den Bauernhof ein.
Der Bauer, ein älterer grauhaariger Mann, bekleidet mit einem verschlissenen, blauen Arbeitsoverall, gelben Gummistiefeln und einem Hut, wies sie auf einen Parkplatz neben dem Haus ein.
Die Bäuerin stand neben der Haustür des gelblichen Backsteinhauses und erwartete ihre Gäste bereits. Sie trug eine grüne Kittelschürze, ein grünes Kopftuch und ähnelte sehr einer Hexe. Neben dem Haus fiel Lisa sofort die Pferdekoppel ins Auge.
Schließlich stiegen sie aus und begrüßten den Bauern.
Lisa, Georg, Ingo und Enzo liefen zum Bretterzaun der Pferdekoppel und betrachteten die Tiere. Eines der Pferde kam zu Lisa an den Zaun getrabt. Es war eine schöne, braune Stute mit glänzend seidigem Fell. Lisa streichelte ihr sanft über den Kopf, was dem Tier zu gefallen schien, weil es dagegen hielt.
»Darf man es füttern?«, fragte Lisa den Bauern.
Der Bauer lächelte freundlich. »Ja, ihr dürft es füttern, falls es Hunger hat. Denn es kommen sehr viele Wanderer hier vorbei, die ihr Futter geben. Es ist übrigens eine Stute, sie heißt Saraja.«
Georg sah, wie die Eltern das Gepäck aus dem Auto luden. »Wir sehen uns nachher alles an. Kommt, wir bringen erst einmal unser Gepäck in die Zimmer.«
Lisa winkte dem Pferd zu. »Tschüss Saraja, bis nachher!«
Mit Unterstützung des Bauern luden sie ihr Gepäck aus dem Auto und brachten es nach vorne zum Hauseingang.
Die Bäuerin begrüßte die Feriengäste an der Haustür und erklärte: »Frühstücksbüffet steht von 7 Uhr bis 10 Uhr für Sie im Speiseraum bereit. Mittag- und Abendessen bekommen Sie in unserer Gaststube von 11 Uhr bis 23 Uhr. Alle Wurst- und Fleischwaren, die wir servieren, stammen von unserem Hof. Sowie die Eier, Tomaten, verschiedene Salate, Milch und Milchprodukte. Wir bieten auch Fische vom Bodensee sowie Äpfel der Region an.«
Enzo lief das Wasser im Mund zusammen, als er das hörte. »Das werden herrliche Ferien«, jubelte er.
Anschließend führte sie die Bäuerin zu ihren Zimmern. Die Eltern bekamen ein großes Doppelbettzimmer wie die drei Jungs. Darin standen Kleiderschrank, Doppelbett, dazugehörige Nachttische mit Nachttischlampen, ein kleiner Tisch und ein Klappsofa.
»Ich schlafe auf der Couch«, sagte Ingo. »Da kann ich nämlich meinen Klapprechner auf dem Tisch abstellen.«
Georg zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen. Enzo und ich, wir schlafen in den Betten. Aber vorher schieben wir sie auseinander, damit wir uns beim Schlafen nicht in die Quere kommen.«
»Das ist eine gute Idee«, war Enzo einverstanden.
Lisa, Georg, Ingo und Enzo schoben die Betten mit vereinten Kräften auseinander und platzierten die Nachttische in der Mitte.
Ingo spähte aus dem Fenster. Der Ausblick war grandios, denn direkt hinter der Pferdekoppel sah man Wiesen, Felder und Wälder. Am Horizont erstreckte sich der silbrig schimmernde Bodensee.
»Okay. Ich gehe mal rüber in mein Zimmer und packe meinen Koffer aus«, verabschiedete sich Lisa, deren Einzelzimmer genau nebenan lag und den gleichen atemberaubenden Ausblick bot. Sie durchquerte den Flur und warf einen flüchtigen Blick aus dem Flurfenster in den Hof.
Das Zimmer der Eltern lag am Ende des Korridors und der Ausblick war ebenso fantastisch.
Während die Jungs noch am Auspacken waren, kam der Vater an die Zimmertür. »Lasst uns erst mal auspacken und uns frisch machen. Wir treffen uns in einer Stunde im Gasthof.«
»Okay, bis nachher«, antworteten Enzo, Ingo und Georg wie aus einem Mund.


4. Erkundungstour
Wie vereinbart, trafen sie sich zum Mittagessen im Gasthof.
»Wir möchten nachher den Ort und die Gegend erkunden«, meinte Herr Seifert. »Habt ihr Lust mitzukommen?«
»Ich denke nicht. Wir wollten uns erst einmal den Hof und die Tiere anschauen«, sprach Georg für alle, worauf die anderen drei Kinder zustimmend nickten.
»Das ist kein Problem, das könnt ihr gerne machen«, willigte der Vater ein. »Ihr seid ja groß genug und könnt auf euch selbst aufpassen.«
»Das sind wir«, bestätigte Georg.

Nach dem Mittagessen machten sich Ingo, Georg, Enzo und Lisa auf eine Erkundungstour durch den Hof, während die Eltern sich auf den Weg in den Ort machten.
Die Kinder liefen zwischen den gackernden Hühnern hindurch, die überall im Hof umherliefen. Eine schwarze buschige Katze mit weißen Pfoten und weißem Bauch kam neugierig auf Enzo zugeschlichen. Enzo blieb wie angewurzelt stehen und das Tier schnurrte und schlängelte sich zwischen seinen Beinen hindurch.
Enzo bückte sich nieder und streichelte sie. »Ach bist du so süß.«
Auch Ingo, Lisa und Georg konnten dem Tier nicht widerstehen und knieten sich zu ihm nieder.
Die Bäuerin, die gerade die Futternäpfe der Hühner auffüllte, rief: »Das ist unser Kater Max.«
Max schnurrte und genoss die Streicheleinheiten der vielen Kinderhände.
»Das ist ein norwegischer Waldkater«, erklärte Ingo beiläufig. »Sein langes Fell ist ölhaltig und deshalb Wasser abweisend.« Er hob die Pfote von Max an. »Diese Haarbüschel zwischen seinen Zehen halten den Schnee fern.«
Enzo schüttelte den Kopf. »Was du alles weißt?! Du hättest Tierarzt werden können.«
»Nein«, mischte sich Lisa ein, »Ingo wird Naturwissenschaftler. Ich werde Tierärztin. Schade, dass ich das nicht gewusst hatte.«
»Halb so schlimm, Lisa«, antwortete Ingo. »Das habe ich kürzlich zufällig im Tierlexikon gelesen.«
Die Kinder liefen weiter und ignorierten das klagende Miauen von Max, der noch mehr Streicheleinheiten einzufordern versuchte.
Unter einer Überdachung entdeckten sie eine Reihe von Fahrrädern.
Die Bäuerin, die sie beobachtet hatte, rief ihnen zu: »Für unsere Gäste ist der Fahrradverleih kostenlos!«
»Vielen Dank, gut zu wissen!«, antwortete Georg erfreut. »Wir werden gewiss davon Gebrauch machen.«
Vor der Stalltür blieben sie stehen und schauten fragend zur Bäuerin hinüber. »Geht ruhig hinein«, erlaubte diese lächelnd. »Ihr dürft euch alles hier ansehen. Das ist im Preis inbegriffen, da wir ja mit dem Bauernhof werben.«
»Dankeschön«, rief Georg und öffnete die Tür des Stallgebäudes, worauf ihnen ein beißender Geruch entgegenkam.
Lisa hustete. »Pfui. Das ist ja schrecklich.«
Enzo lachte. »Reiß dich zusammen und denk dran, dass du mal Tierärztin werden möchtest. Du wirst viel Schlimmeres durchmachen müssen.«
»Als Tierärztin werde ich eine Atemschutzmaske tragen, falls ich mal in einen Stall muss«, entgegnete Lisa.
Sie liefen an den Stallboxen entlang und betrachteten die Schweine, Kühe und Kälbchen, die ihre Blicke mit großen dunklen Augen erwiderten. Fast kamen sich die Kinder so vor, als wenn die Tiere Spaß daran hätten, sie zu betrachten. Durch die Hintertür gingen sie nach draußen und kamen an der Pferdekoppel heraus. Sofort kam die Stute Saraja nach vorne an den Zaun getrabt und begrüßte Lisa kopfneigend mit einem Schnauben.
»Hallo, meine Gute. Ich habe dir was Leckeres mitgebracht«, grüßte Lisa und holte einige Zuckerwürfel aus ihrer Tasche hervor.
Enzo leckte sich die Lippen. »Hey. Wo hast du die her?«
»Vom Gasthaus«, erwiderte Lisa. »Vorne wo das Besteck lag, standen mehrere Zuckerdosen voller Zuckerwürfel.«
»Hast du für mich auch einen Würfel übrig?«, bat Enzo. »Ich bin unterzuckert, glaube ich.«
Widerwillig gab Lisa Enzo einen Zuckerwürfel. Die anderen vier bekam Saraja, der es sichtlich schmeckte, was sie mit Schmatzen und Schnauben kundtat. Anschließend wieherte sie und nickte mit dem Kopf, während sie mit dem Huf auf den Boden scharrte.
»Kommt, Leute«, konnte Georg es nicht mehr abwarten. »Wir fragen die Bäuerin, wann wir ausreiten dürfen.«
»Klasse Idee«, war Lisa dafür. »Saraja hat anscheinend auch Lust auf einen Ausritt. Seht nur, wie sie mit den Hufen scharrt!«
Die Kinder waren erfahrene Reiter. Das hatten sie in ihrem Wohnort Bad Bergzabern gelernt, wo sie öfter bei einem Pferdebauern beim Reinigen der Ställe mithalfen. Als Bezahlung durften sie immer, wenn sie Lust dazu hatten, ausreiten. Und sie hatten oft Lust dazu.
Sie liefen durch den Stall zum Hof, wo die Bäuerin gerade ausfegte.
»Dürfen wir ausreiten?«, fragte Lisa.
Die Frau stellte den Besen beiseite. »Natürlich. Folgt mir bitte. Als Anfänger solltet ihr nur auf der kleinen Koppel reiten.«
»Wir sind keine Anfänger. Wir können gut reiten«, widersprach Georg.
»Das sagen alle«, entgegnete die Bäuerin. »Die Pferde sollen sich erst an euch gewöhnen. Es wäre mir zu riskant, euch gleich auf die Reitwiese rauszulassen. Es wäre nicht auszudenken, wenn euch was passieren würde.«
»Ich verstehe, was Sie meinen«, zeigte sich Ingo verständnisvoll.
Die Bäuerin begleitete die Kinder zur Koppel, wo sie sich ihre Pferde aussuchen durften. Natürlich entschied sich Lisa für Saraja. Sie führten die Pferde durch das Tor zur danebenliegenden Reitkoppel. Dann ritten sie los.
Nachdem sie einige Male um die Koppel geritten waren, verabschiedete sich die Bäuerin: »Wie es scheint, kann ich euch alleine lassen und meine Arbeit fortsetzen.«
»Das können Sie«, erwiderte Enzo und ritt im Galopp davon.
Lisa ritt ihm nach und versuchte, ihn einzuholen. Auch Georg und Ingo gaben ihr Bestes, um Enzo nachzukommen. Schließlich ritten sie alle vier nebeneinander um die Koppel herum.
Wenig später lief eine junge Frau am Zaun entlang und öffnete das Tor zum Zaun, der an der Reitwiese angrenzte. »Hallo, Kinder. Meine Mutter, die Bäuerin, sagte, ich soll euch auf die Reitwiese hinauslassen.«
»Prima«, war Georg erfreut. »Die Pferde haben schon angefangen, sich zu langweilen.«
Sie durchritten das Tor und trabten am Zaun entlang, streichelten die Pferde und redeten ihnen gut zu und wechselten von Trab in Galopp.
Die Bauerstochter erkannte schnell, dass es sich um erfahrene Reiter handelte. »Wie ich sehe, habt ihr Erfahrung mit Pferden. Ab morgen dürft ihr auch ohne Aufsicht ausreiten, wenn ihr wollt.«
»Danke. Natürlich wollen wir«, freute sich Lisa.
Die Bauerstochter verschwand so unauffällig, wie sie gekommen war. Die Kinder ritten auf der Wiese umher und genossen die Ruhe und die wärmenden Sonnenstrahlen. Nach einer Stunde ritten sie zurück in die Koppel, schlossen das Tor, verabschiedeten sich von den Pferden und gingen nach oben in das Zimmer der Jungs. Die Jungs saßen auf der Couch und ruhten sich aus.
Lisa schaute aus dem Fenster und ihr Blick schweifte über die Fahrräder. »Wir könnten mit den Fahrrädern an den Bodensee fahren?! Was meint ihr?«
»Ja, das machen wir morgen«, willigte Georg ein. »Heute ist es leider bereits zu spät.«
»Ja, bis wir das ganze Essen und die Getränke fürs Picknick vorbereitet haben, wird es dunkel«, war Enzo derselben Meinung.
»Es wäre besser, wenn wir gleich morgen früh losfahren, dann haben wir den ganzen Tag noch vor uns«, schlug Ingo vor.
***
Bald trafen sie sich mit den Eltern zum Abendessen im Gasthof und erzählten von ihrem Vorhaben des Badeausflugs.
»Meinetwegen«, erlaubte die Mutter. »Wenn ihr nicht mit mir und eurem Vater morgen wandern gehen wollt, fahrt ruhig zum Bodensee.«
»Super«, riefen Lisa und Enzo gleichzeitig.
»Klasse. Wir machen morgen einen Badeausflug an den Bodensee«, jubelte Ingo.
»Das wird schön«, war Georg ebenso erfreut.
»Ich richte euch morgen früh vom Büffet eine Brotzeit her, damit ihr mir nicht verhungert«, bot die Mutter spaßend an.
Die Kinder freuten sich auf den Ausflug sehr und Enzo freute sich am meisten auf den Proviant. »Für eine Brotzeit bin ich immer zu haben. Vielen Dank, Frau Seifert.«
Den Rest des Abends verbrachten die Kinder im Zimmer der Jungs, wo sie auf der Couch saßen und Memory spielten, bis es schließlich Schlafenszeit war und die Müdigkeit sie in die Betten trieb.


5. Ausflug an den Bodensee
Am Sonntagmorgen erwachte Lisa durch einen gellenden Hahnenschrei. Sie sprang aus dem Bett und sah hinunter zur Pferdekoppel, wo die Pferde bereits am Trog standen und fraßen. Lisa duschte, zog ihre Wanderschuhe an und setzte ihren Rucksack auf.
Sie flitzte hinüber ins Zimmer der Jungs, die gerade aufgestanden waren. »Guten Morgen, Leute.«
»Guten Morgen, Lisa. Du bist schon fertig?«, wunderte sich Ingo.
»Klar. Beeilt euch gefälligst«, drängte Lisa.
Enzo, Ingo und Georg zogen ihre Wanderschuhe an und schulterten ihre Rucksäcke. Nach nur 5 Minuten verließen sie das Zimmer und gingen hinunter zum Speiseraum, wo die Eltern bereits am Tisch saßen. Sie begrüßten die Seiferts, setzten sich zu ihnen und stellten die Rucksäcke neben ihren Stühlen ab.
Frau Seifert zeigte auf den Korb, der nebenan auf dem unbesetzten Stuhl stand. »Hier ist euer Proviant.«
»Dankeschön«, bedankten sich die Kinder wie aus einem Mund.
»Wie lange dürfen wir am See bleiben, Mama?«, wollte Lisa wissen.
Die Mutter schaute nachdenklich die Kinder an. »Wenn es dunkel wird, solltet ihr hier sein.«
»Hurra«, rief Lisa erfreut. »Wir verbringen den ganzen Tag am See.«
Enzo blickte misstrauisch auf den Picknickkorb. »Den ganzen Tag? So lange wird das Essen aber bestimmt nicht reichen.«
»So lange bleiben wir auch nicht«, beruhigte Georg. »Wie ich uns kenne, werden wir uns nach ein paar Stunden langweilen.«
»Wenn wir keinen Schattenplatz finden, bleiben wir sowieso nicht lang«, erklärte Ingo. »Das wäre sonst wegen der UV-Strahlung zu gefährlich, da diese am See durch die Reflexion der Wasseroberfläche noch verstärkt wird.«
Enzo grinste. »Ich als Italiener bin da nicht so anfällig, aber Lisas Sommersprossen würden sicher explodieren.«
Alle lachten und Lisa antwortete mit einem freundschaftlichen, aber dennoch festen Faustschlag auf Enzos Oberarm.
***
Nach dem Frühstück ging es los. Die Kinder holten sich Fahrräder aus dem Schuppen und fuhren los. Der Himmel war strahlend blau und Morgensonne verbreitete eine wohlige Wärme. Sie folgten dem Radweg, der durch einen Wald und durch saftig grüne Wiesen führte. Am Horizont war der Bodensee zu erkennen, dessen Oberfläche grünlich schimmerte. Ein sanfter, warmer Wind, der nach Tannen und frischem Gras duftete, wehte ihnen entgegen.
»Es ist fantastisch hier«, schwärmte Lisa.
»Das kannst du laut sagen«, erwiderte Georg.
»Das ist Natur pur«, meinte Ingo. »Die Landschaft in Verbindung mit der herrlich frischen Luft ist echt wohltuend.«
»Ja, leider macht die frische Luft auch hungrig«, fügte Enzo mit bedauernder Miene hinzu.
»Wenn du jetzt sagst, dass du schon wieder Hunger hast, werfe ich dich vom Fahrrad«, drohte Lisa im Spaß.
»Du willst mich vom Rad werfen? Überlege mal, was du da sagst. Du bist viel zu leicht, um mich vom Rad zu stoßen. Das ist so, als wenn eine Stubenfliege droht, einen Lastwagen umzuwerfen«, konterte Enzo, worauf alle lachten.
***
Nach drei Kilometern kamen sie in Meersburg an und durchfuhren die kleine verkehrsarme Stadt, deren Straße sich zum See hinab schlängelte.
»Ist euch das auch aufgefallen?«, fragte Ingo. »Überall hängen diese Zettel herum.«
»Ja, das sah ich schon, als wir bei der Anreise mit dem Auto hier durchgefahren sind«, erwiderte Enzo.
Lisa hielt vor einem Schaufenster an. »Wartet mal, hier hängen gleich vier solcher Zettel. Das sind Suchanzeigen.« Sie betrachtete sich die Suchanzeigen genauer. »Kater, Katze, Kater, Kater, Katze!« Lisa war entsetzt. »Was ist denn da los? Das sind mindestens dreißig Katzen, die hier vermisst werden?!«
Ingo zeigte auf das gegenüberliegende Schaufenster, in dem noch mal dutzende dieser Zettel hingen. »Ja, ohne die da.«
»Was ist da los?«, war Georg perplex. »Warum kommen hier so viele Katzen abhanden?«
»Irgendetwas stimmt hier nicht«, bemerkte Enzo.
»Wo können die ganzen Katzen geblieben sein?«, fragte sich Lisa.
»Ja, es ist sehr merkwürdig«, sagte Georg. »Vielleicht geht ein wildes Tier um, das die Katzen …«
»Unsinn«, unterbrach Lisa, die Georgs schrecklichen Gedanken nicht hören wollte. »Vielleicht sind sie nur weggelaufen und ihnen geht es gut.«
»Lasst uns weiterfahren«, drängte Enzo. »Wenn wir hier herumstehen, ist den Tieren auch nicht geholfen.«
»Wenn wir an den See fahren, ist den Tieren aber ebenso wenig geholfen«, entgegnete Lisa schnippisch.
»Jetzt hört mal auf, euch um die Katzen zu sorgen«, klagte Georg. »Ich will endlich schwimmen.«
Das wollten alle und deshalb schwangen sie sich wieder auf ihre Fahrräder, folgten der Straße durch die Stadt und kamen nur wenige Minuten später am Bodensee an. Der Anblick war märchenhaft. Die Morgensonne ließ die Wasseroberfläche grünlich schimmern und das dahinterliegende Alpengebirge rötlich leuchten. Das Ufer bestand aus feinem, weißem Kies, der durch die anspülenden Wellen ein sanftes Rauschen erzeugte. Ein umgestürzter Baum diente den Kindern als Fahrradstütze.
Nur wenige Meter vom Ufer entfernt, führte die oberhalb gelegene Hauptstraße vorbei. Ingo sah nach oben, als ein LKW vorbeifuhr. »Habt ihr eigentlich auch gestern Nacht einen Lastwagen gehört, der langsam am Hof vorbeigefahren ist?«
Georg zuckte mit den Schultern. »Ja, und? Sicher hat er auf dem Hof Ware angeliefert.«
Ingo schüttelte den Kopf. »Nein! Er hat nicht angehalten. Er ist nur langsam vorbeigefahren. Ich habe das im Halbschlaf so mitbekommen.«
»Ich hörte ihn auch. Vielleicht befindet sich in der Nähe des Hofes ein Lager, wo der Lastwagen hingefahren ist?«, vermutete Lisa.
»Ich hatte nichts gehört«, meinte Enzo schalkhaft lächelnd. »Vielleicht habt ihr das alle nur geträumt?«
»Witzbold«, lachte Lisa und legte die Picknickdecke aus.
Georg stellte den Picknickkorb auf die Decke und die Kühltasche daneben. Wie besessen schälten sich die Kinder aus ihrer Kleidung und rannten über die Kiesbank und sprangen ins kühle erfrischende Nass. Sie planschten, spritzten sich gegenseitig nass, schrien, lachten und tobten ausgelassen.
Nach etwa einer halben Stunde kamen sie aus dem Wasser, tranken kühles Mineralwasser, ruhten sich ein wenig auf der Decke aus und cremten sich mit wasserfester Sonnencreme ein. Danach schwammen sie in Ufernähe auf und ab und planschten noch herum.
Die Zeit verging schnell und bald war Zeit fürs Picknick.
Jeder hatte seine Brotdose, mit jeweils einem Brötchen, dick belegt mit Geflügelwurst, einer Tomate, einem abgekochten Ei und einem Stückchen Salatgurke. Für den Nachtisch hatten sie eine große Dose mit Stückchen saftig süßer Honigmelone. Zum Trinken hatte jeder, außer seiner Flasche Mineralwasser, eine kleine Flasche Fruchtsaft.
Nachdem sie aufgegessen hatten, ruhten sie sich noch ein wenig auf der Picknickdecke aus, bevor Georg einen bunt gestreiften Wasserball aus seinem Rucksack hervorholte und ihn aufblies. Anschließend spielten sie Wasserball, danach tobten sie noch mal ausgelassen, bevor sie sich außer Atem auf die Decke zum Ausruhen begaben.
»Das war vielleicht ein Badespaß«, sagte Lisa.
»Ja, das war herrlich!«, stimmte Georg zu.
»Es war so erfrischend«, bemerkte Ingo.
»Ja, und hungrig macht es auch«, schaltete sich Enzo ein, was zu Gelächter führte.
Mittlerweile stand die Sonne hoch am Himmel und verbreitete eine kaum auszuhaltende Hitze.
»Für heute reicht es, Leute«, sagte Ingo. »Wir wollen doch bestimmt keinen Sonnenbrand riskieren.«
»Nein, sicher nicht«, stimmte Lisa zu. »Fahren wir zum Bauernhof zurück.«
Die Kinder fuhren zum Bauernhof, zogen sich andere Kleidung an und schlenderten noch ein bisschen über den Hof, wo die Bäuerin mit einem Eimer und Wischlappen gerade die Fenster von außen reinigte. Schnurrend kam Max angeschlichen und forderte Aufmerksamkeit.
»Wissen Sie vielleicht, warum hier so viele Aushänge vermisster Katzen sind?«, sprach Georg die Bäuerin an.
»Nein, leider weiß das niemand«, bedauerte sie, nahm ihren Eimer und ging ins Haus.
Ingo kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Wir müssen dieser Sache auf den Grund gehen, Leute.«
Im selben Moment kamen gerade die Eltern in den Hof. »Ihr seid schon da?«, fragte die Mutter.
»Ja, es war wundervoll«, antwortete Lisa.
Zusammen begaben sie sich zum Abendessen in den Gasthof. Enzo konnte es kaum noch erwarten, bis endlich das Essen auf dem Tisch stand. Sie erzählten sich gegenseitig vom Tag und nach dem Essen zogen sich die Kinder auf ihre Zimmer zurück.
Ingo schaute auf seine Armbanduhr. »Es war gestern etwa 23 Uhr, als der Lastwagen vorbeifuhr.«
»Fängst du schon wieder davon an?«, fragte Georg. »Was denkst du? Was soll mit dem Lastwagen nicht in Ordnung sein?«
Ingo schob seine Brille zurecht. »Ich bin nicht sicher und finde es nur ungewöhnlich, dass er gestern Nacht so langsam vorbeigefahren ist.«
Enzo blickte aus dem Fenster. »Denkst du etwa, der Lastwagen hat etwas mit dem Verschwinden der Katzen zu tun?«
Ingo schüttelte zaghaft den Kopf. »Nein. Mich würde aber interessieren, warum ein LKW in der Nacht über den Hof fährt. Außerdem ist die Bäuerin irgendwie komisch gewesen.«
Enzo wunderte sich. »Warum war die Bäuerin komisch? Wie kommst du darauf?«
»Als wir sie heute Abend nach den vermissten Katzen fragten, reagierte sie so komisch, antwortete knapp und ist gleich ins Haus gelaufen«, erinnerte Ingo.
»Vielleicht war sie gerade mit dem Fensterputzen fertig und ist deshalb reingegangen?!«, meinte Enzo.
»Nein. Ich hatte es genau gesehen. Sie hatte das Fenster erst zur Hälfte geputzt, bevor sie fluchtartig ins Haus gelaufen war«, antwortete Ingo.
Georg setzte sich neben Ingo aufs Bett. »Du denkst, die Bäuerin hat mit dem Verschwinden der Katzen zu tun?«
»Es könnte aber auch sein, dass die Bäuerin Essen auf dem Herd stehen hatte und deshalb ihre Arbeit unterbrochen hat«, gestand Ingo kleinlaut.
»Um noch mal auf die Katzen zurückzukommen. Könnte es sein, dass sie gar nicht weggelaufen sind, sondern entführt wurden?«, interessierte sich Enzo.
»Nein, Enzo. Was sollten die Entführer daraus für einen Nutzen ziehen?«, wunderte sich Georg. »Wenn sie die Tiere nicht zurückgeben, bekommen sie doch keinen Finderlohn?!«
Ingo hob die Schultern. »Das könnten wir herausfinden! Dass die Täter nicht auf die Belohnung aus sind, das wissen wir bereits, weil sonst nicht so viele Aushänge in der Stadt verteilt wären. Es kämen noch zwei weitere Motive infrage. Motiv 1: Sie verkaufen die Katzen weiter. Motiv 2: Sie vernichten sie.«
Enzo hob die Augenbrauen. »Wer sollte Katzen vernichten und warum?«
Ingo winkte ab. »Du hast recht. Darum denke ich eher an Motiv 1.«
Georg stemmte die Hände in die Hüften. »Das ist doch nur ein Hirngespinst. Wer sollte Interesse an so vielen Katzen haben?«
»Versuchslaboratorien zum Beispiel«, erwiderte Ingo.
»Daran darf man gar nicht denken«, bangte Enzo.
»Kommen wir wieder zum Lastwagen zurück«, wechselte Georg das Thema. »Wo könnte der in der Nacht hinfahren?«
»Keine Ahnung«, gestand Ingo. »Aber das werden wir herausfinden.«
»Wir? Ist mir was entgangen? Sind wir vielleicht Detektive?«, wunderte sich Georg.
Ingo lächelte. »Natürlich sind wir keine Detektive, aber ich traue es uns zu. Vielleicht haben wir Glück und er hat was mit den Katzen zu tun.«
»Du hast wohl zu viele Detektivgeschichten gelesen«, war Georg baff.
»Wow, klasse. Ich mache mit«, jubelte Enzo. »Sind wir jetzt Detektive?«
»Also gut«, erklärte sich Georg einverstanden. »Wir sind ziemlich gut in der Schule und haben das Zeug dazu. Wir werden es versuchen. Das ist keine große Sache. Es ist ja nur ein Lastwagen, über den wir herausfinden wollen, wo er hinfährt.«
Enzo stellte sich vor den Spiegel und probierte verschiedene bedrohliche Gesichtszüge aus. »Wenn wir als Detektive arbeiten, brauchen wir einen Namen.«
»Ich habe mir bereits einen Namen ausgedacht. Wir sind das IGEL-Team«, klärte Ingo auf.
In Enzos Miene spiegelte sich Verwunderung. »Igel? Sind wir stachelig?«
»I wie Ingo, G wie Georg, E wie Enzo und L wie Lisa«, erklärte Ingo.
»He, das ist gut. Du hast dir wirklich Gedanken gemacht«, lobte Georg.
»Ich will aber, dass mein Name vorne steht«, protestierte Enzo.
»Das geht nicht, Enzo«, wies Georg hin. »Wenn dein Name vorne steht, heißen wir nicht mehr IGEL.«
»IGEL ist ein richtiges Wort«, erklärte Ingo. »Sobald ein Buchstabe fehlt, ist es unvollständig. Aus diesem Grund ist jeder von uns gleich wichtig.«
Enzo verstand es und lächelte. »Ja! Das stimmt. Wir sind alle gleich wichtig, egal, in welcher Position unsere Namen in dem Wort auftauchen.«
Georg ging zur Tür. »Ich gehe mal rüber, unser L holen.«
Dann ging er nach nebenan zu Lisa, die bereits im Bett lag und sich über Georgs Besuch wunderte. »Was ist passiert?«
»Wir brauchen dich«, antwortete Georg.
»Du schaust so ernst. Was ist denn los?«, war Lisa besorgt.
»Komm rüber zu uns, wir erklären dir alles! Heute Nacht beginnt unser erster Auftrag«, meinte Georg.
Lisa wunderte sich, rümpfte die sommersprossige Nase. »Hä? Unser Auftrag?« Sie überlegte kurz. »Da bin ich aber gespannt. Ich bin gleich da. Ich ziehe mich nur schnell an.«
Einige Minuten später war sie über den Plan aufgeklärt und war begeistert von der Idee, ein Detektivteam zu gründen, um das Ziel des Lastwagens ausfindig zu machen, auch wenn sie es eher als Spiel betrachtete.
Ingo legte sein Fernglas auf den Nachttisch. »Wir haben zwei Beobachtungsposten. Nummer eins: Am Flurfenster, um den Hof zu beobachten. Nummer zwei: Hier an diesem Fenster, um den Feldweg zu beobachten.«
»Es war ungefähr 23 Uhr, als der LKW gestern Nacht vorbeifuhr«, erinnerte Enzo.
Ingo nickte. »Ja, darum beziehen wir fünf Minuten vor elf Uhr unsere Posten.«
»Was sollen wir eigentlich dabei herausfinden?«, wollte Georg wissen.
»Zuerst einmal sollten wir wissen, in welche Richtung dieser Lastwagen überhaupt fährt«, stellte Ingo klar.
Obwohl noch gar nichts passiert war, war Lisa sehr aufgeregt und fing an zu zittern. »Ich gehe in den Flur«, quietschte sie mit viel zu hoher Stimme.
Bei Lisa war das nichts Außergewöhnliches, denn immer, wenn sie aufgeregt war oder Stress hatte, wurde ihre Stimme entweder ganz hoch oder sie versagte gänzlich.
Ingo nahm seinen Kugelschreiber und seinen Notizblock zur Hand. »Okay. Du Lisa gehst mit Enzo in den Flur und beobachtest den Innenhof. Wenn der LKW kommt, klopfst du leise zweimal an die Tür. Georg und ich, wir beziehen an diesem Fenster unseren Wachposten. Wenn wir den Lastwagen zuerst sehen, geben wir euch Klopfzeichen.«
»Was soll ich machen, wenn ich Hunger bekomme?«, sorgte sich Enzo.
Georg hob die Augenbrauen. »Die ganze Prozedur dauert höchstens zehn Minuten. Als richtiger Detektiv musst du das ohne Essen aushalten.«
Ingo stimmte Georg zu: »Du kannst nicht nachts im Flur sitzen und essen. Die Feriengäste könnten dich schmatzen hören. Wenn wir das abgeschlossen haben und du zurückkommst, bekommst du als Belohnung einen Müsliriegel von mir.«
So schlichen sich Lisa und Enzo in den dunklen Flur und legten sich am Fenster auf die Lauer. Georg und Ingo löschten das Licht und spähten aus dem Zimmerfenster. In der Dunkelheit konnte man draußen nichts erkennen. Aber die Lichter des Fahrzeugs, so dachten sie, müssten sie dafür umso besser sehen.
Lisa und Enzo konnten durch die Außenbeleuchtung den gesamten Hof überblicken und hatten aus diesem Grund von Ingo das Fernglas bekommen. Nur hatten sie Angst, dass jeden Moment eine Tür aufgehen könnte und Feriengäste hinter ihnen stehen würden.
Lisa beobachtete den Hof mit dem Fernglas und sah Max, der herumstreunte und die Motten unter den Laternen jagte. Einige Minuten danach konnte man das Motorengeräusch des Lkws hören. Lisa sah ihn zuerst. »Der Lastwagen kommt«, sagte sie ruhig.
Enzo klopfte wie vereinbart an der Zimmertür, während Lisa das Fahrzeug weiter beobachtete. Der Lkw hielt an, der Beifahrer stieg aus und lief schnurstracks auf Max zu. In der Hand hatte er einen Beutel. Der Kater lief dem Mann erwartungsvoll entgegen und schlängelte sich um seine Beine. Plötzlich bückte sich der Mann, packte Max und steckte ihn in den Sack, worauf das Tier fauchte und wild in dem Beutel herumtollte. Der Mann eilte zum Lastwagen und stieg ein.
Lisa wollte schreien, aber ihre Stimme versagte. Enzo konnte ohne Fernglas nicht sehen was genau passiert war. Er sah nur, dass Lisa zusammengezuckt, und schrecklich aufgeregt war.
»Was hast du gesehen? Was hat der Mann gemacht?«, fragte Enzo.
Der LKW fuhr weiter, Enzo und Lisa stürmten ins Schlafzimmer.
»Lisa hat etwas gesehen!«, rief Enzo außer sich.
»Wartet«, sagte Georg und beobachtete mit Ingo, wie das Fahrzeug über die Feldwege davonfuhr.
Enzo tänzelte unruhig herum. »Aber …«
»Still, wir sind noch auf Posten!«, fauchte Georg.
Nach wenigen Sekunden drehten sich Georg und Ingo um. Ingo knipste das Licht an, nahm seinen Klapprechner und setzte sich aufs Bett. »Auftrag beendet. Eure Berichte bitte.«
»Was habt ihr gesehen?«, fragte Georg.
Enzo berichtete: »Der Lastwagen ist um genau 23:03 Uhr eingetroffen.«
Ingo tippte die Informationen in sein Notebook ein.
Lisa hatte Tränen in den Augen und rang um Worte. Endlich kam ihre Stimme zurück, wenn auch hoch und quietschend: »Sie haben Max entführt!«
Ingo hob seinen Blick und schaute Lisa mit großen Augen an. »Was?« Ein unwillkürliches Lächeln zuckte durch sein Gesicht.
»Ja«, quietschte Lisa. »Sie haben ihn in einen Sack gesteckt und einfach mitgenommen.«
»Bingo! Wir haben eine heiße Spur!«, triumphierte Ingo. »Das ist wirklich grandios. Wir haben die Täter an der Leine, Leute!«
»Oh Mann«, rief Georg. »Hatten wir ein Glück.«
»Oh nein. Der arme Max«, bedauerte Enzo.
»Genau! Schämt euch, so herumzujubeln, wo gerade Max entführt wurde«, tadelte Lisa.
»Wisst ihr denn nicht, was das bedeutet, Leute?«, fragte Ingo.
»Was?«, erwiderte Enzo.
»Wir haben vielleicht die Möglichkeit, alle Katzen zu retten!«, triumphierte Ingo.
Über die Nachricht der Entführung waren sie sehr berührt. Aber sie wussten, dass sie auf der richtigen Fährte waren. Das war ein großer Schritt und dadurch erhofften sie sich, nicht nur Max, sondern auch die anderen Katzen aus den Händen der Entführer befreien zu können.
»Unser Abend war ein voller Erfolg, Leute. Die Tierdiebe kommen vom Ort und fahren in die Feldwege«, erklärte Ingo.
»Wie machen wir jetzt weiter?«, informierte sich Georg.
»Sollen wir morgen die Strecke abfahren, ob wir Spuren finden?«, fragte Enzo.
»Ich fahre auf jeden Fall den Feldweg ab und suche den armen Max!«, verkündete Lisa mit trauriger Miene.
»Ja, wir fahren morgen mit den Fahrrädern in die Felder und schauen nach, ob wir dort etwas entdecken können«, willigte Ingo ein.
Obwohl Max in dieser Nacht entführt wurde, konnten die Kinder gut schlafen. Sie vertrauten auf ihre Fähigkeiten als Detektive, auf ihren scharfen Verstand und hofften, Max bald befreien zu können.
Dass Max vor ihren Augen von dem Mann mit dem Lastwagen entführt wurde, war für Ingo wie ein Sechser im Lotto. Denn damit hatten sie den eindeutigen Beweis und die Spur war sehr heiß.

6. Spurensuche
Nach dem Frühstück fuhren die Kinderdetektive mit den Fahrrädern an der Pferdekoppel vorbei den Feldweg entlang. Der Weg führte durch bunte Blumenwiesen und Felder, welche die Luft mit einem würzigen Kräuterduft erfüllten. Der Himmel war strahlend blau, es war sonnig und sehr warm. Nach etwa einem Kilometer kamen sie an eine Weggabelung.
»Wo müssen wir hin?«, fragte Lisa.
Ingo überlegte. »Hier ist der Lastwagen gestern Nacht geradeaus weitergefahren.«
»Ja. Geradeaus«, bestätigte Georg.
Nach einem weiteren Kilometer, über einen Hügel, kamen sie erneut an eine Gabelung.
Enzo schnaufte, sein T-Shirt war schweißnass. »Ich kann nicht mehr. Wo müssen wir überhaupt hin?«
Georg wischte sich mit einem Papiertaschentuch den Schweiß von der Stirn. »Wir konnten ihn gestern Nacht leider nur bis zum Hügel beobachten.«
»Jetzt können wir nur noch raten«, bemerkte Ingo. »Die Chance eine Spur zu finden, ist hier sehr gering und beläuft sich gegen null.«
Enzo wurde langsamer. »Ich kann nicht mehr, Leute. Ich brauche eine Pause.«
So ließen sie sich im Schatten eines Baumes auf einer Blumenwiese nieder und genossen die Aussicht ins tiefer gelegene Tal auf den entfernten, silbrig schimmernden Bodensee. Dabei tranken sie Mineralwasser und Enzo aß dazu einen Müsliriegel.
Schließlich fuhren sie weiter. Der unbetonierte, steinige Feldweg strahlte eine enorme Hitze ab. Nach vier weiteren Kreuzungen legten sie erneut eine Pause ein und suchten den Schatten eines Baumes auf.
Ingo lehnte sich mit dem Rücken an den Baum und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Es hat keinen Wert. Wir wissen nicht, wo wir hin müssen.«
»Ja, es gibt zu viele Wege. Vielleicht hätten wir bereits bei der zweiten Weggabelung abbiegen sollen«, bestätigte Georg.
Enzo lag erschöpft im Gras. »Vielleicht sind die Tierdiebe nur über die Feldwege gefahren, um die Strecke zum nächsten Ort abzukürzen? Vielleicht sind sie sogar auf die Autobahn gefahren? Es ist aussichtslos. Sie könnten überall hingefahren sein!«
Lisa saß im Schneidersitz im Gras. »Was ist mit Max? Wir müssen ihn retten!«
»Das werden wir auch. Wir haben einen neuen Plan«, erklärte Ingo.
»Haben wir?«, wunderte sich Georg.
»Ja, der Lastwagen ist vorgestern und gestern vorbeigefahren«, erinnerte Ingo.
»Folglich müsste er heute Nacht wieder vorbeifahren«, ergänzte Lisa.
Ingo hob den Daumen. »Genau.«
»Was ist das für ein Plan?«, interessierte sich Enzo.
»Wir warten heute Nacht auf den Lastwagen und verfolgen ihn«, meinte Ingo.
Georgs Miene wurde kritisch. »Wie sollen wir auf diesen steinigen Feldwegen einem Lastwagen hinterherkommen?«
Ingo lächelte. »Nicht auf den Feldwegen, sondern auf den Wiesen.«
Lisa war verdutzt. »Wie sollen wir auf den Wiesen mit den Fahr …? Ach? Denkst du an …?«
»Genau!«, unterbrach Ingo. »Ich denke an die Pferde.«
Enzo freute sich: »Toll, wir verfolgen heute Nacht die Tierdiebe auf den Pferden. Das klingt nach Abenteuer.«
»Lasst uns zurückfahren. Wir sollten ein wenig schlafen, damit wir heute Nacht fit sind«, schlug Georg vor.
Sie fuhren zum Bauernhof, duschten und legten sich eine Stunde schlafen, bevor sie sich im Zimmer der Jungs zusammenfanden.
Ingo klärte auf: »Wie bereits erwähnt, werden wir heute Nacht den Lastwagen zu Pferde verfolgen. Wenn wir wissen, wo sie hinfahren, werden wir morgen früh diesen Ort mit dem Fahrrad aufsuchen. Soweit der Plan.«
»Was geschieht, wenn sie uns bemerken?«, bangte Lisa.
»Sie werden uns nicht bemerken«, versicherte Ingo.
»Sie dürfen uns nicht sehen«, pflichtete Georg bei.
Enzo stöhnte. »Wir fahren morgen wieder auf die Feldwege?«
»Ja, wir haben keine andere Wahl«, sagte Lisa streng. »Denk an Max!«
Enzo schaute grimmig. »Der arme Max.«
Später trafen sie sich mit den Seiferts-Eltern zum Nachtessen im Gasthof.
»Wie war die Radtour durch die Natur?«, interessierte sich der Vater.
Georg schaute kurz Ingo an. »Schön, Papa.«
»Und sehr anstrengend und sehr warm«, fügte Enzo hinzu.
»Es war wunderschön. Wir fahren morgen vielleicht wieder durch die Feldwege«, erklärte Lisa.
***
Bald brach die Nacht an und der Zeiger der Uhr näherte sich der besagten Stunde gegen 23 Uhr. Die Kinder schlichen sich auf die Pferdekoppel hinter dem Haus und führten die Tiere an den Hinterausgang auf das Feld, wo sie sich vom Bauernhof entfernten. Sie stiegen auf und warteten im Schutze der Dunkelheit abseits des Feldweges auf den Lastwagen.
Pünktlich kurz nach 23 Uhr sahen sie schon die Lichter den Weg entlangkommen.
»Er kommt«, rief Ingo.
»Schnell, verstecken wir uns hinter den Bäumen«, riet Georg.
Bis das Fahrzeug vorbei war, versteckten sie sich hinter einer Baumgruppe.
Schließlich nahmen sie die Verfolgung auf und ritten etwa eine Lastwagen-Länge hinter dem Fahrzeug, und parallel neben dem Feldweg her.
Die Luft war kühl und feucht und roch nach Abgasen, die das tuckernde Fahrzeug ausstieß. Wegen des hohen Grases auf den Wiesen konnten sie nicht schnell reiten.
»Wir sind zu langsam und verlieren ihn«, bedauerte Enzo. Der Abstand zum Lastwagen wurde immer größer.
»Das macht nichts. Wir dürfen ihn nur nicht aus den Augen verlieren«, bemerkte Ingo.
Einige Abbiegungen und Hügel danach sahen sie, wie das Fahrzeug auf ein großes, altes Gebäude zufuhr, welches von Straßenlaternen umgeben war.
»Bingo!«, freute sich Georg. »Hier ist also das Ziel. Wir haben ihn.«
Sie konnten erkennen, wie ein Mann das große Tor öffnete und das Fahrzeug hineinfuhr.
»Rückzug Leute«, befahl Ingo. »Wir werden morgen früh das Gebäude erkunden.«
Sie ritten zum Hintereingang der Koppel und führten die Pferde hinein. Jedes Pferd bekam vier Zuckerwürfel als Belohnung und danach schlichen sie in ihre Zimmer. Die Kinder konnten in der Nacht kaum schlafen. Zu groß war die Aufregung vor den Ermittlungen, die am Morgen stattfinden sollten.


7. Das Gebäude
Die Eltern unternahmen am Tag darauf ihren eigenen Badeausflug ganz für sich allein. So konnten die Kinder nach dem Frühstück in aller Ruhe ihrer Detektivarbeit nachgehen. Sie schnappten sich Fahrräder aus dem Schuppen und fuhren los.
Sie radelten über die sonnenerwärmten, beschwerlich ansteigenden Feldwege und kamen schweißgebadet an dem mysteriösen Gebäude an.
»Ist es dieses Gebäude?«, hakte Enzo nach. »In der Nacht im Scheinwerferlicht hat es irgendwie anders ausgesehen als bei Sonnenschein.«
»Es ist das Gebäude«, stellte Georg klar.
Sie versteckten die Fahrräder hinter einer Baumgruppe und liefen zur Halle hin.
Georg legte sein Ohr an die Wand. »Es ist still. Es scheint niemand hier zu sein.«
Ingo betrachtete das Gebäude. »Lisa ist die Kleinste und Flinkste von uns«, er zeigte auf ein kleines geöffnetes Lüftungsfenster. »Lisa, kannst du durch das kleine Fenster da oben kriechen? Wir heben dich hoch.«
»Geht klar«, erklärte sich Lisa einverstanden.
Ingo drehte sich zu Enzo um und zeigte an den Waldrand. »Enzo, du könntest da vor gehen, dich hinter dem Baum verstecken und falls jemand kommt, könntest du eine deiner Tierstimmen machen, damit wir gewarnt sind.«
»Klar mach ich das«, erwiderte Enzo, der nicht nur für seinen Bärenhunger bekannt war, sondern auch für seine Tierstimmen, die er täuschend echt nachahmen konnte. »Soll ich einen Uhu nachmachen?«
»Ja, ein Uhu ist gut«, meinte Georg.
Lisa, Georg und Ingo sahen Enzo hinterher, wie er zum Waldrand lief und dort seine Position hinter einem Baum bezog.
Georg vergewisserte sich: »Bist du bereit Lisa?«
Lisa war aufgeregt und antwortete sehr schrill: »Ja, hebt mich hoch!«
Georg hob sie an. Lisa erreichte den Fensterrahmen und konnte sich daran festhalten. Sie stützte sich mit den Füßen an der Wand ab, zog sich hoch und glitt elegant durch das Fenster hinein.
Von drinnen hörten sie ihre schrille Stimme: »Okay, ich stehe auf einem Schreibtisch. Hier ist ein kleines Büro.«
»Was siehst du noch?«, rief Ingo.
»Da ist eine Tür«, erwiderte Lisa. »Leider ist sie verschlossen.«
Nach einigen Sekunden Stille quietschte Lisa weiter: »Geht nach rechts hinter das Gebäude, ich öffne euch das große Fenster!«
»Okay«, rief Georg und lief mit Ingo hinter das Gebäude.
Lisa öffnete ihnen das Fenster. »Kommt rein!«
»Gut gemacht Lisa«, lobten Ingo und Georg wie aus einem Mund.
Die beiden stiegen in den Büroraum ein und Ingo betrachtete das Türschloss der geheimnisvollen Zwischentür. Konzentriert ging er zum Schreibtisch und nahm sich einige Büroklammern, die er vor dem Schloss kniend zurechtbog.
Er steckte den gebogenen Draht ins Schlüsselloch und drehte ständig hin und her, bis es endlich klickte und das Schloss aufsprang. Lisa und Georg klatschten vor Begeisterung in die Hände.
»Du bist ein Genie, Ingo«, lobte Lisa.
»Gut gemacht, Ingo«, war Georg stolz auf seinen Bruder.
Ingo lächelte. »Ach, das ist nur ein alter Pfadfindertrick.«
Erwartungsvoll standen sie an der Tür, Georg zählte von drei rückwärts, dann stießen sie die Tür auf. Ein schriller Schrei entrann Lisas Kehle.
»Wussten wir es doch!«, rief Georg entsetzt.
In dem großen Raum befanden sich mindestens 20 Käfige mit über 100 Katzen. Die Tiere lagen ganz ruhig da und rührten sich nicht.
Ingo näherte sich einem der Käfige. »Sie wurden mit Medikamenten ruhiggestellt!«
Nur eine der Katzen, die alleine eingesperrt war, miaute und lief aufgeregt im Käfig umher.
»Das ist Max!«, rief Georg erfreut.
Lisa öffnete den Käfig, befreite Max aus seinem Gefängnis und nahm ihn schützend auf den Arm, wo er sich dankbar ankuschelte. »Lasst die Tiere frei!«, rief sie schrill.
»Nein!«, lehnte Ingo ab. »Wir können sie nicht einfach freilassen. Die Katzen müssen an ihre rechtmäßigen Besitzer übergeben werden.«
»Wir müssen die Polizei verständigen, damit sie die Besitzer herbringen können«, fügte Georg hinzu.
Im selben Moment vernahmen sie den Ruf eines Uhus.
»Oh nein! Das ist Enzo! Schnell weg hier!« rief Ingo aufgeregt.
Schnell verließen sie das Gebäude durch das Fenster und liefen zu Enzo an den Waldrand. Von dort aus sahen sie, wie ein Mann durch die Vordertür in der Halle verschwand.
»Maxilein«, war Enzo überglücklich, den Kater wiederzusehen.
»Da drinnen sind mindestens 100 Katzen in Käfigen eingesperrt«, berichtete Georg.
»Klasse«, jubelte Enzo. »Wir hatten Erfolg.«
»Ja«, bestätigte Ingo. »Jetzt müssen wir nur noch Hilfe holen.«
Sie schoben ihre Fahrräder ein Stück durch den Wald, um sich von dem Gebäude zu entfernen. Dann stiegen sie auf und fuhren zum Bauernhof. Max saß bei Lisa im Rucksack und betrachtete die vorbeiziehende Landschaft.
Die Bäuerin empfing sie mit fragenden Blicken, als sie Max in ihrem Gepäck erblickte.
»Bitte alarmieren Sie die Polizei!«, rief Ingo, worauf die Frau die Kinder verwundert anblickte.
Georg erklärte aufgeregt: »Wir haben dort oben in den Feldern eine große Halle entdeckt. Dort sind mindestens 100 Katzen gefangen!«
Die Bäuerin blieb ruhig und besonnen. »Ach, ihr redet sicher von der Obsthalle, ein großes braunes Gebäude mit weißem Tor?«
»Ja, genau das ist es!«, bestätigte Lisa schrill.
»Da haben wir Max geholt, er saß bei den vielen anderen Katzen im Käfig! Da ist alles voller Käfige mit ganz vielen Katzen«, fügte Enzo hinzu.
Die Bäuerin blickte die Kinder misstrauisch an. »Seid ihr da wirklich sicher? Ich kenne den Besitzer des Gebäudes nämlich persönlich und möchte mir mit ihm keinen Ärger einhandeln.«
»Bitte rufen Sie die Polizei!«, flehte Lisa.
»Ich schlage vor, wir fahren erst einmal hin und schauen nach, was ihr wirklich gesehen habt«, entgegnete die Bäuerin.
Zusammen fuhren sie mit dem großen Kastenwagen der Bäuerin zu dem Gebäude. Als sie neben dem Tor parkte, kam ein Mann heraus und lief auf sie zu.
Freundlich lächelnd begrüßte er die Bäuerin: »Hallo Erna, wie geht es Rolf, und was verschafft mir die Ehre deines Besuches?«
»Hallo Karl, die Kinder wollen in deiner Obsthalle etwas gesehen haben. Ich sollte die Polizei verständigen. Darf ich einmal nachschauen?«
»Nein«, fauchte Georg die Bäuerin an. »Wie können Sie das so direkt sagen?«
»Nur zu«, bot Karl freundlich an und öffnete das große Tor.
Die Kinder trauten ihren Augen nicht. Die Halle war leer. Alle Käfige mitsamt den Tieren waren verschwunden.
Die Bäuerin lachte verlegen und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Karl. Das sind eben Kinder mit ihrer blühenden Fantasie.«
Karl erwiderte ihr Lachen. »Keine Ursache, Erna. Da bist du wohl ein Teil ihres Spiels geworden.«
»Tut mir leid, wenn ich dich gestört und belästigt habe, Karl«, entschuldigte sich die Bäuerin.
Als die Bäuerin mit genervter Miene ins Auto stieg, bat Ingo: »Bitte sagen Sie unseren Eltern nichts davon. Wir verstehen das auch nicht.«
Nach kurzem Überlegen grinste sie und antwortete: »Versprecht mir, dass so etwas aber nicht wieder vorkommt!«
Ingo, Georg, Enzo und Lisa sagten wie aus einem Mund: »Versprochen!«
***
Wenig später saßen die Kinder mit getrübten Mienen im Zimmer der Jungs.
Ingo saß neben Georg auf dem Bett. »Die haben gesehen, dass das Bürofenster geöffnet war, und waren vorgewarnt!«
Georg nickte. »Ja, wir hätten das Fenster schließen müssen. Aber womöglich haben sie auch gesehen, dass Max fehlt.«
Enzo saß mit Lisa auf dem Fußboden vor dem Bett. »Wo könnten sie die Katzen in so kurzer Zeit hingebracht haben?«
»Das werden wir wohl nie erfahren. Wir haben es gründlich vermasselt«, erwähnte Lisa bedrückt.
Ingo fing an zu lächeln. »Es ist noch nicht vorbei!« Er zog seinen MP3-Aufnahmerekorder aus dem Rucksack. »Wir platzieren ihn in dem Gebäude unter dem Schreibtisch. Wo Verkaufsgeschäfte durchgeführt werden, da gibt es auch Verhandlungen oder Telefonate.«
Lisa lächelte. »Ingo! Du bist grandios!«
»Toll«, lobte Georg. »Lasst uns heute Abend hinfahren und das Gerät verstecken, damit wir es morgen früh abholen können und unseren Beweis der Polizei übergeben können.«
»Ja, die Haupttätigkeit findet bestimmt in der Nacht statt«, vermutete Ingo.
»Hoffentlich ist dieser Karl nicht mehr dort«, bangte Lisa.
»Lasst uns nach dem Mittagessen hinfahren, da hat er vielleicht Mittagspause«, schlug Ingo vor.
Enzo horchte beim Thema Essen sofort auf. »Ja, lasst uns erst einen Happen essen. Ich habe einen Mordshunger.«
Wie geplant fuhren sie nach der Mittagszeit an das Gebäude, das verlassen schien. Ingo stellte die Aufnahmezeiten am Aufnahmegerät ein. Lisa kletterte über das kleine Lüftungsfenster und positionierte das MP3-Aufnahmegerät unter dem Schreibtisch. Dann fuhren sie zufrieden zum Bauernhof zurück.


8. Die Katzenbande
Am nächsten Morgen konnten es die Kinder kaum noch erwarten, endlich die Beweisaufnahmen aus dem Gebäude zu holen. Nach dem Frühstück fuhren sie erneut zur Halle.
Alles sollte schnell gehen. Lisa kletterte durch das kleine Fenster, während Ingo, Enzo und Georg draußen warteten.
Ingo fiel ein: »Enzo, geh du bitte auf deinen Posten!«
Plötzlich hörten sie eine Männerstimme hinter sich: »Niemand geht hier irgendwo hin, ihr Schnüffler!«
Erschrocken drehten sie sich um und sahen Karl. Seine Miene war sehr finster.
»Ich habe sie!«, rief er.
Dann kamen noch zwei weitere Männer um das Gebäude herum, packten die Kinder und zerrten sie in die Halle. Karl öffnete eine Tür zu einem kleinen Raum, wo Lisa bereits gefesselt auf dem Boden saß.
Einer der Männer band Enzos Handgelenke und Füße zusammen.
»Lasst mich sofort los!«, schrie Enzo.
Ingo blieb ganz ruhig, als er gefesselt wurde. Georg schlug wild um sich, traf einen der Männer mit der Faust im Gesicht, dieser fiel zu Boden. Der andere Mann aber packte Georg, und Karl konnte ihn fesseln.
Fest an Händen und Füßen verschnürt, saßen die Kinderdetektive am Boden des kleinen Raumes.
Karl lachte schadenfroh. »Ihr Rotznasen dachtet wohl, ihr könntet uns das Geschäft vermiesen?«
»Welches Geschäft?«, fragte Ingo.
Karl zog die Mundwinkel schief und grinste. »Das Versuchslabor bezahlt viel Geld für diese Viecher.«
Lachend verließ er den Raum, ließ die Tür ins Schloss krachen und verriegelte sie.
»Das können sie nicht tun. Ich habe Hunger!«, jammerte Enzo.
Ingo hielt ihm lächelnd einen Müsliriegel entgegen.
»Wie soll ich den nehmen? Meine Hände sind gefesselt«, stutzte Enzo.
Auf einmal schauten alle Ingo verblüfft an.
»Du bist gar nicht mehr gefesselt?«, stutzte Georg. »Wie hast du das gemacht?«
Krampfhaft rüttelte Enzo an den Handfesseln herum, um sich zu befreien, damit er den Riegel nehmen konnte.
Ingo lächelte. »Ach, das ist nur ein alter Pfadfinder-Entfesselungs-Trick.«
»Ingo«, war Georg begeistert, »du bist ein Genie.«
Ingo löste die Fesseln der anderen, zeigte zu dem kleinen Fenster. »Lisa? Du musst Hilfe holen!«
Katzenhaft klettere Lisa durch das kleine Fenster. Enzo, Georg und Ingo positionierten sich hinter der Tür, warteten und lauschten.
Einer der Männer sagte: »Patrick! Denkst du, diese Kinder wissen von unserem Zweitlager in Meersburg?«
Der andere antwortete: »Nein Sven. Sonst hätten sie die Bäuerin auch dort hingeschickt.«
Ingo drehte sich um und flüsterte: »Sie haben die Tiere in ein zweites Lager gebracht.«
Einige Minuten danach hörten sie ein Auto vorfahren. Dann erklang eine Männerstimme: »Verdammt die Bullen sind da! Sie haben dieses Mädchen dabei? Ich dachte, sie wäre in der Kammer? Wie konnte sie entkommen? Karl und ich, wir wimmeln sie ab und du, Sven, schaust nach den Rotzplagen.«
Enzo und Ingo setzten sich auf den Fußboden und taten so, als ob sie gefesselt wären. Georg versteckte sich hinter einer Holzdiele hinter der Tür. Vorsichtig kam Sven herein, schloss die Tür hinter sich und schaute die zwei Jungs an. In der Hand hielt er eine Eisenstange. »Wie konnte die Kleine entkommen? Ist der Lange etwa auch geflohen?«
Ingo und Enzo schauten den Mann schweigend an. Der öffnete die Tür einen Spalt weit und belauschte seine beiden Kollegen bei dem Gespräch mit der Polizei.
Lisa schrie aufgeregt: »Sie sind in diesem Raum eingesperrt!«
Einer der zwei Polizisten forderte: »Öffnen Sie diesen Raum!«
Patrick und Karl versuchten, aus dem Gebäude zu flüchten, aber die Polizisten konnten das verhindern und fixierten die beiden Männer mit Handschellen am Torpfosten.
»Es fehlt noch einer der Gauner«, wimmerte Lisa.
Sven stieß die Tür auf. »Ganz recht! Lasst meine Kollegen frei oder den beiden Kindern passiert etwas!«, drohte er zähneknirschend.
Einer der Polizisten redete auf den Mann ein: »Seien Sie vernünftig! Sie machen alles nur noch schlimmer!«
»Sagten Sie: Den beiden?«, wunderte sich Lisa.
»Was?«, stutzte Sven.
»Sie sagten, lasst meine Kollegen frei oder den beiden Kindern passiert etwas«, wiederholte Lisa. »Wieso beiden? Sie sind zu dritt!«
Sven wurde unsicher und blickte um sich. »Nein, es sind nur zwei.«
Plötzlich sprang Georg hinter der Tür hervor, schlug Sven die Eisenstange aus der Hand und presste ihn an die Wand. Sofort eilten die beiden Polizisten Georg zu Hilfe und legten dem Mann Handschellen an.
»Gute Arbeit, Jungs und Mädel. Hinter dieser Katzenbande waren wir schon eine Weile her«, lobte einer der Polizisten.
Ingo ging gleich zum Schreibtisch und nahm sein MP3-Gerät. Der Polizist untersagte: »Halt! Hier darf nichts verändert werden, bis die Spurensicherung hier war!«
Ingo aber ließ seinen Rekorder laufen. Darauf war Karl beim Telefonieren zu hören: »Die Tiere sind sauber, wir bewahren sie in der Halle in Meersburg in Richtung Hagnau auf.«
Hiermit war der Beweis erbracht und der Auftrag der Kinderdetektive erfolgreich ausgeführt.


9. Schöne Aussichten
Es war ein leichtes Spiel für die Polizei, die zweite Halle zu finden und den Rest der Bande festzunehmen. Alle Katzen fanden zu ihren Besitzern zurück. Die Finderlöhne kamen auf ein gemeinsames Konto, wovon das IGEL-Team den Scheck erhielt. Es handelte sich um über 90 Katzen, wobei pro Tier etwa 50-60 Euro bezahlt wurden.
Als die Eltern von der Polizei und der Bäuerin aufgeklärt wurden, waren sie sehr stolz.
Dennoch blieb ein bitterer Nachgeschmack, denn die Eltern warfen ihnen vor: »Trotzdem war es dumm von euch! Ihr hattet euch in große Gefahr gebracht!«
Enzos Plan, die Belohnung in Müsliriegel zu investieren, wurde mehrstimmig abgelehnt. Das Geld sollte für eventuelle Ausrüstung für die nächste Geheimmission und die nächsten Ferien verwendet werden.
Die Bäuerin gab zu, dass sie ihren Bekannten, Karl, als Katzendieb in Verdacht hatte, sich aber nicht getraute, es jemanden zu sagen. Das war der Grund, dass sie so ängstlich reagiert hatte. Als sie in der Halle nicht fündig geworden war, strich sie diesen Verdacht schnell aus ihrem Gedächtnis.
Den Rest der Ferien genossen die Kinder sehr. Sie gingen im Bodensee baden, fuhren mit dem Boot auf die kleine Blumeninsel Mainau, fuhren mit der Fähre in die Wassertierausstellung nach Konstanz gegenüber von Meersburg, besuchten das Spieleland in Ravensburg, das etwa 30 Kilometer entfernt war, und sie besuchten das Affengehege der nahe gelegenen Stadt Salem.
Enzo bedankte sich: »Das waren wunderschöne Ferien und ein großes Abenteuer.«
»Das war der erste Fall, wo wir als IGEL-Team aktiv waren«, sagte Ingo entzückt.
»Sicher auch nicht der Letzte!«, fügte Georg hinzu.
»Nein! Jetzt geht es erst richtig los!«, pflichtete Lisa bei.
«ENDE»

Mehr über das IGEL-Team findest du unter:
www.igelteam.jimdo.com